Die Geschichte einer privat-organisierten Rettungsaktion

An einem Freitag kristallisierte es sich heraus, dass die Familie eines Freundes es aus der Nähe von Kiew bis zur rumänischen Grenze schaffen würde. Ruben und Tim haben sich entsprechend vorbereitet, aber trotz aller Kontakte und Bemühungen war es nicht möglich einen 8-Sitzer zu bekommen mit dem man nach Rumänien einreisen darf.

Wir bereiteten uns also darauf vor mit unseren eigenen Autos zu fahren. Wir bestellten uns bei Amazon noch dir restlichen, benötigten Dinge. Der Fakt, dass wir keinen 8-Sitzer bekommen hatten, hatte natürlich den Nachteil, dass wir Beide die ganze Zeit fahren mussten.

Aus der Ukraine kamen weiter positive Signale, so dass wir uns am Samstagmittag in Mönchengladbach trafen und die letzten Vorbereitungen trafen – Programmierung der Funkgeräte,

Vorbereitung der Einreisedokumente für Rumänien, sowie kleinere Reparaturen an einem der Autos. So sind wir dann am Samstagmittag nach dem Füllen der Tanks los in Richtung Ukraine.

Kurz vor Österreich haben wir kurz angehalten und uns die Vignetten für Österreich besorgt – dies war gegen 19:30 Uhr. Wir kamen zügig bis nach Österreich durch wo wir den ersten Stopp machten – um zu Tanken und kurz Etwas zu Essen – dies war gegen 21:15 Uhr. Wir beschlossen noch so weit es geht zu fahren und dann ein Motel zum Übernachten zu suchen.

Gegen 23:50 haben wir uns die Vignetten für Ungarn besorgt. Da wir noch recht fit waren, sind wir noch bis früh in den Morgen gefahren. Wir haben uns dann erschöpft an einem Rastplatz Nahe Budapest kurz in unsere Autos gelegt und etwa drei Stunden geschlafen – dies war nach circa 14 Stunden nur kurz unterbrochener Fahrt. So sind wir am Morgen gegen kurz nach 5:00 Uhr weiter gefahren in Richtung der rumänischen Grenze, jenseits der Karpaten in Siret.

Kurz vor der rumänischen Grenze haben wir in Ungarn nochmal gegen 8:30 Uhr unsere Autos getankt. An der rumänischen Grenze hatten wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 115 km/h erreicht. Der Grenzübertritt verlief ohne Probleme. Nur das die Autobahn hinter der Grenze quasi direkt zu Ende war. Da wir auf ungarischer Seite kein Vignette für Rumänien kaufen konnten haben wir das in Rumänien sofort nachgeholt – in einem kleinen 20 Fuß Container, welcher zu einer Vignetten-Verkaufsstelle sowie Geldumtausch umgebaut worden ist.

Ab jetzt ging es durch Rumänien – es war recht erschreckend wie es dort aussah. Schon kurz hinter der Grenze sah man, dass die Umwelt komplett vermüllt ist. Überall lag Müll, ähnlich wie man es von Bildern aus Asien gewöhnt ist. Überall Plastik, die Infrastruktur sah einfach schrecklich aus. Strommasten die kurz vom Umfallen waren, teils mit abgebrochenen Auslegern. Durch die „Städte“ und Dörfer, welche wir durchquerten, gab es quasi noch offene Kanalisation, geheizt wurde mit feuchtem Holz (man konnte es sehen und riechen), Menschen und Tiere waren in einem wahrlich üblen Zustand.

Die Straßen hatten fast nie einen Bürgersteig, Geschwindigkeitsbegrenzungen sind offensichtlich auch nur ein grober Richtwert in Rumänien – wobei die Straßen nach deutschem Ansinnen maximal als Feldweg deklariert werden würden. So kamen wir nur langsam voran. Erst in den Karpaten wurde es mit den Straßen besser, aber immer war noch alles eher rudimentär – vermutlich wird dort etwas mehr investiert, da es auch ein Wintersportgebiet ist.

Kurz vor der Grenze starb dann zu allem Überfluss auch noch das Navigationssystem im ersten Fahrzeug, welches uns bisher gut geführt hatte.

Wir erreichten Siret an der Grenze gegen 17:30 Uhr am Sonntag – unsere Durchschnittsgeschwindigkeit war auf unter 90 km/h gesunken.

Es kristallisierte sich heraus das die beiden Männer nicht über die Grenze kommen und sie zu viel Angst hatten über die grüne Grenze zu gehen. Es wurde wohl auf ukrainischer Seite verbreitet das unter anderem auf Grenzgänger geschossen würde.

Zum Grenzposten kamen wir nicht, Alle wurden vorher auf einen Parkplatz geleitet. Von dort aus konnte man Personen informieren die an der Grenze warteten. Diese wurden dann mit Kleinbussen der örtlichen Feuerwehr und von Hilfskräften gebracht.

Während wir warteten fuhren zivile LKWs, wie an einer Perlenkette, von Rumänien in Richtung Ukraine. Es sah nach einer nicht endenden Kette an Hilfsgütern aus.

Gegen 18:00 nahmen wir so die Frauen und Kinder von der dortigen Feuerwehr entgegen.

Da Sie uns vorher nicht persönlich kannten, haben wir die Familie nicht auseinandergerissen. Nur Rita, die Frau des Freundes, konnte Englisch. Seine Mutter leider nicht – und die Kinder sollten natürlich bei ihrer Mutter bleiben. So fuhren alle Personen bei Tim im ersten Fahrzeug mit und Ruben nahm das komplette Gepäck entgegen – alles was sie mitnehmen konnten – und das war leider nicht viel. Vier Personen reisten somit mit zwei kleinen Reisekoffern, einer Tasche und einem Rucksack. Ein wahrliches Trauerspiel.

Uns war klar, dass wir nicht über Nacht in Rumänien bleiben wollten und uns, egal wie, bis Ungarn durchschlagen wollten. Allerdings war es ebenfalls klar, dass wir in der Nacht nicht den selben Weg über die Karpaten und Dörfer nehmen wollten – dies wäre viel zu gefährlich geworden. Wir haben also eine neue und somit leider auch etwas längere Route gesucht und uns auf dem Weg gemacht.

Kurz nach der Abfahrt kam uns ein Konvoi, geführt von der Militärpolizei, entgegen – allesamt zivile LKW mit Gefahrguttafeln ausgestattet.

Die Nacht war für uns alle extrem hart. Wir fuhren quer durch Rumänien. Der erste Grenzübergang war geschlossen, so dass wir nochmal umplanen und einen Umweg von über einer Stunde Richtung Süden in Kauf nehmen mussten.

Es war schon früher Morgen, als wir am nächsten Grenzübergang angekommen waren. Dort kamen wir ohne große Probleme nach Ungarn.

Wir hatten von unterwegs schon zwei Hotelzimmer für uns in Debrecen, der ersten größeren Stadt in Ungarn nach der Grenze, gebucht. Dort trafen wir am frühen Morgen ein als es schon wieder hell wurde. Wir checkten ein und fielen ziemlich übermüdet in die Betten.

Um 10:00 Uhr war der Schlaf vorbei, wir duschten, zogen uns um und checkten aus. Wir fuhren erst zu einem Supermarkt und deckten uns mit allem ein was wir brauchten.

Dann fuhren wir los Richtung Deutschland. Auch auf den ungarischen Autobahnen sahen wir Hilfs- sowie Waffentransporte.

Wir probierten, so viele Kilometer wie möglich zu machen und beschlossen erst in Deutschland wieder zu halten um etwas zu essen. In Österreich füllten wir gegen 19:20 Uhr nochmal unsere Tanks.

Die Passage der Österreichisch-Deutschen Grenze verlief völlig ohne Probleme.

In Passau verließen wir die Autobahn um nochmal etwas zu essen. Da es aber Montagabend war, hatten die meisten Gasthäuser schon geschlossen, so dass wir nur ein l’Osteria in der Innenstadt fanden das noch geöffnet war.

Leider war es wegen der fehlenden COVPASS APP der beiden Ukrainerinnen nicht möglich dort zu essen – nicht einmal vor dem Restaurant war dies gestattet. Somit nahmen wir also was zu essen mit und haben dann bei den Autos gegessen.

Wir machten uns also wieder auf den Weg nach Oberhausen, die Nacht war wieder hart aber nochmal nächtigen war keine Option.

Dort trafen wir nach circa 4.100 km am frühen Morgen ein und brachten die Familie in ihre neue Wohnung. Ruben verabschiedete sich und brach zurück nach Mönchengladbach auf.

In den weiteren Tagen wurde alles Wichtige in die Wege geleitet sowie die Wohnung wirklich wohnbar gemacht.

Viele Sachspenden wurden vorbeigebracht, die Familie kann nun endlich in Ruhe ankommen und ist alles in allem sehr glücklich.

Die Behördengänge wurden ebenfalls schon erledigt, nur die Erkennungsdienstliche Behandlung steht noch aus, wird aber Ende März durch die Stadt Oberhausen durchgeführt.

Sollten wir für Dmytro sowie seinen Bruder einen Weg finden, so werden wir auch die Beiden noch abholen.

Слава Украини – Glory to Ukraine!

(c) Text: R. Herold & T. Korves

(c) Bild: T. Korves